Vor Jahrtausenden begann die Menschheit Bücher zu binden, um Wissen zu bewahren und Geschichten zu erzählen. Dabei war über Jahrhunderte die Fadenbindung die einzige Art, die Seiten zusammenzufügen. Doch der Mensch ist kreativ und im Laufe der Zeit hat er verschiedene Arten entwickelt, Bücher zu heften.
Erstmal kläre ich, welche Kriterien erfüllt sein müssen, damit wir überhaupt von einer Fadenbindung sprechen können. Erst einmal: Fadenheftung und Fadenbindung meinen das Gleiche. Fadenbindung ist dabei ein Begriff, der im Internet herumgeistert (jetzt auch hier :) ). Doch er ist nicht falsch oder unzutreffend, denn er bezeichnet die Techniken, mit denen ein Buch mittels eines Fadens gebunden wird. In der Fachliteratur wird dir allerdings nur die Fadenheftung begegnen.
Doch was braucht eine Heftung nun, um als Fadenheftung oder -bindung durchzugehen?
Nun, ein Buchblock, der mittels eines Fadens verbunden wird, ist die erste Voraussetzung. Damit grenzt sie sich von anderen Bindungen ab, die ausschließlich mit Klebstoff oder anderen Materialien wie Draht durchgeführt werden. Zudem basieren die meisten Fadenheftungen auf Lagen, die wiederum aus mehreren Doppelbogen bestehen, die mittig gefalzt und ineinander gesteckt werden. Bei diesen wird der Falz durchstochen und der Faden so geführt, dass der Faden innen die Papiere zusammenhält. Außen verbindet der Faden die Lagen miteinander.
Ob danach der Rücken zusätzlich noch mit Leim bestrichen und die Bindung verstärkt wird, ist keine Voraussetzung – sowohl als auch ist möglich.
Übrigens macht es für die Fadenheftung an sich keinen Unterschied, ob du am Ende ein Hardcover oder Softcover machen möchtest.
Du kannst dir all dieses Wissen um diese Arten zunutze machen und individuelle, hochwertige Bücher binden.
Hier ist eine kleine Übersicht, welche Heftarten es gibt:
Einlagige Heftungen
Diese Fadenbindungen sind aus einer einzelnen Lage gefertigt. Die Decke – in den meisten Fällen ein einfacher Umschlag aus Karton – kann gleich mitgeheftet werden oder wird nachträglich angeklebt.
Schulheftheftung
Diese Bindung ist eine einfach Heftung mit der Schulhefte gebunden wurden, bevor sie mit mörderischen Drahtklammern ausgestattet wurden.
Der Faden wird durch drei oder fünf (auf jeden Fall eine ungerade Anzahl) Löcher gezogen und außen oder innen verknotet. So ein Heft ist schnell gemacht und ebenso schnell wieder aufgelöst.
Ausweisheftung
Die Ausweisheftung kennst du vielleicht von Reisepässen. Bei dieser Fadenbindung wird ein Faden über die ganze Länge des Falzes vernäht. Das kannst du zu Hause mit einer Nähmaschine machen. Das Problem ist nur, dass durch die häufigen Durchstiche das Papier quasi perforiert wird. Wenn du sehr stabiles Papier hast oder die Stiche so weit wie möglich auseinander setzt, ist es trotzdem möglich.
Mehrlagige Heftungen
Bei diesen Heftungen werden mehrere Lagen zu einem Buchblock verbunden. Die Formen der Einbände hierfür sind vielfältig. Häufig wird eine dieser Fadenheftungen allerdings mit einem Einband mit festen Deckeln verbunden. Hierbei gibt es eine Vielzahl an technischen Möglichkeiten. Aber auch bei Broschüren gibt es nicht nur die eine Art, die dir von Taschenbüchern vertraut ist.
Französische Kreuzstichheftung
Die Fadenbindung mit über den Bünden gekreuzten Fäden ist eine Heftung, die du für dünne Buchblöcke verwenden kannst, die bis zu 1 cm dick sind. Die charakteristischen Kreuze am Rücken entstehen durch die Fadenführung. Wenn der Faden aus der Lage herauskommt, wird er durch den bei der untenliegenden Lage Faden geschoben. Durch die Fadenspannung wird der untere Faden angehoben, der obere Faden herabgezogen, sodass es wie ein Kreuz aussieht.
Sie ist schnell und ohne Heftlade zu machen, doch dadurch, dass die Bünde fehlen, ist sie nicht stabil bei dickeren Büchern.
Fadenheftung auf Bänder
Die Fadenbindung auf Bänder ist quasi die klassische Heftung für geschlossene Buchrücken. Die Bänder stabilisieren die Lagen untereinander und können bei bestimmten Hardcover Einbänden zum Anbringen der Deckel dienen.
Die Bänder sind am Besten aus Köper- oder Fischgrätband, Leder oder Pergament. Von ihnen hängt die langfristige Stabilität des Buchblocks ab, und es lohnt sich nicht hier am Material zu sparen.
Du kannst auch ohne Heftlade ein Buch auf Bänder heften, einfacher ist es aber, wenn du die Bänder einspannen kannst.
Eine Video-Anleitung für diese und viele andere Heftungen ist im Zirkel der Selberbuchbinder enthalten. Du lernst nicht nur Schritt für Schritt die Heftungen und dazu passende Einbände zu machen, sondern auch alles über die Materialien und Berechnungen, die du für dein Traumbuch brauchst.
Fadenheftung auf Schnüre
Die Fadenheftung auf Schnüre funktioniert ähnlich wie die Heftung auf Bänder, nur dass statt dem Band eine Schnur verwendet wird. Diese kannst du aus aufgespleißtem Paketband oder Fasern aus Leinen oder Hanf selber drehen. Die Schnur muss frei von dicken Knötchen und gleichmäßig dick sein, damit die Stabilität der Heftung nicht verringert wird.
Der Vorteil gegenüber den Bändern ist, dass du mit einem dünnen Faden arbeiten kannst, sodass die Bünde kaum auftragen. Sollen sie ganz verschwinden, kannst du das Papier an den Bünden vorsichtig einsägen und die Schnüre versenken. Das heißt dann auch so: Heftung auf versenkte Schnüre.
Als noch Holzdeckel verwendet wurden, wurden die Schnüre durch mehrere Löcher gezogen und mit einem Zapfen befestigt. Später wurde die Schnur aufgedreht, aufgespleißt und gefächert in die Decke oder auf den Vorsatz aufgeklebt. Dabei verschwindet das Material fast gänzlich.
Allerdings ist für die Heftung auf Schnüre eine Heftlade Pflicht, denn nur wenn die Schnur auf Spannung ist, kannst du die Lagen dicht an dicht heften.
Wie bei der Heftung auf Bünde kannst du die Deckel anhängen und damit ein Buch binden, das auf mittelalterlichen Techniken basiert.
Koptische Heftung
Die koptische Heftung geht auf die Kopten zurück, eine christliches Volk, das aus Ägypten stammt. Sie entwickelten schon zur Zeit der römischen Antike die Koptische Heftung. Damit ist diese Art, ein Buch zu binden, eine der ältesten der Welt.
In der kreativen Szene ist sie sehr beliebt, da sie sich komplett aufschlagen lässt und sich daher besonders für Skizzenblöcke und Zeichenbücher eignet. Du hast bestimmt schon mal eine koptische Bindung auf Pinterest gesehen.
Du kannst die koptische Heftung, wie gesagt, komplett aufschlagen und die Deckel werden direkt mit den Bünden angehängt.
Die Heftung ist eine Bindung mit offenem Rücken, du kannst die Heftung also innen und außen sehen. Zwar ließe sich diese Bindung auch ableimen, in der Praxis bleibt sie jedoch ohne Klebstoff, da dieser zwar transparent abtrocknet, aber doch nicht unsichtbar wird. Stattdessen wird die Heftung an sich hervorgehoben und durch bunte Heftfäden und mit Buntpapier verzierte Fälze als Veredelungen zur Geltung gebracht.
Langstich-Heftung
Die Langstichheftung heiß früher Aktenheftung, den Verwendungszweck kannst du dir sicherlich jetzt vorstellen, doch sie erlebte in der kreativen Szene eine Renaissance. In den vielfältigsten Varianten wird sie angewandt und verziert. Grundlegend ist dabei, dass die Lage direkt mit dem Einband verheftet wird. Diese Technik funktioniert auch mit dickeren Lagen, zum Beispiel 32-ig Seitern.
Da der Rücken des Covers die Bindung trägt sollte er stabil sein. Das Buch kann ein Softcover mit einem Einband aus Leder oder Pergament oder ein Hardcover mit fester Rückeneinlage aus Pappe sein.
Bindungen ganz anders gedacht – Exotische Fadenbindungen
Bei Blockbindungen wird nicht wie oben beschrieben der Falz durchstochen, sondern das Papier für den Buchblock aufgestoßen und am Bundsteg von oben nach unten durchbohrt. Diese Löcher werden dann für die Bindung verwendet. Blockbindungen ähneln der Bindung, die du bestimmt schon mal mit einem Ordner oder Hefter erzeugt hast. In den Kulturkreisen, in denen sie überwiegend verwendet wurden, ist die Varianz der Techniken genauso breit wie das Binden in Lagen in Europa.
Chinesisch-japanische Heftung
Die japanische Heftung ist eine der traditionellen Arten, wie in Japan Bücher gebunden wurden. Die meisten Bindetechniken wurden aus China übernommen und an die insularen Gegebenheiten angepasst. Trotzdem sind die Vielzahl der Bindungen heute als japanische Bindung/Heftung bekannt.
Bei der japanischen Heftung wird klassisch das hauchdünne Papier am vorderen Schnitt gefalzt und die offenen Enden am Rücken mit einer auf Vorder- und Rückseite übergreifenden Heftung mittels eines Zwirns gebunden. Der Block wird nicht abgeleimt, daher kann man die japanische Heftung vage zu den Loseblatt-Bindungen zählen, da aber auch Zwirn und Nadel involviert sind, zählt sie wohl auch zu den Heftungen.
Das Muster dieser Heftungen kannst du variieren, auch wenn traditionell nur ein paar Formen üblich sind. Ebenso ist die Gestaltung des Einbands nach deinem Geschmack individualisierbar. Da die Deckel mitgeheftet werden, musst du dich zuvor entscheiden, welche Optik dein Buch haben soll, aber ein weicher Einband aus Karton ist ebenso möglich wie ein festes Cover aus überzogener Pappe.
Die hier beschriebenen Fadenbindungen sind in gewisser Weise nur Grundformen, die historisch und zukünftig immer variiert wurden und werden. Manche Techniken sind ganz aus dem Gebrauch verschwunden und könnten nur anhand überlebender Bücher rekonstruiert werden. Andere Techniken werden auch heute noch neu entwickelt und verbreiten sich dank des Internets über die ganze Welt. Somit gibt es kein Richtig oder Falsch, wenn es um die Varianz der verwendeten Materialien, die Anzahl oder Position der Bünde und viele weitere Details geht. Wichtig bleibt nur, dass die Heftung das ist, was dem Buchblock Zusammenhalt gibt.
Fadenbindungen sind natürlich nicht die einzigen Bindearten, die es gibt. Wenn du mehr über Klebebindungen, Buchschrauben oder lose-Blatt-Heftungen erfahren möchtest, melde dich für den Newsletter an und bekomme sofort Bescheid, wenn es etwas Neues auf Selberbuchbinden gibt. Wie zum Beispiel mehr Bilder zu diesem Beitrag.

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