Zum Beginn eines Buchbinde-Projekts stellen sich viele Fragen.
Welches Material nehme ich für meinen Einband? Wie möchte ich den Bucheinband gestalten? Nehme ich ein fertiges Kapital? Buntpapier für den Vorsatz oder ein einfaches einfarbiges Papier?
Doch das alles sind nicht die grundlegendsten Fragen, die du dir stellen kannst, bevor du mit einem Buchbinde-Projekt beginnen möchtest. Denn am entscheidendsten ist dein Ausgangsmaterial, das du zum Buchbinden verwenden möchtest und welchem Anspruch das fertige Werk genügen muss.
Ich rate dir zu einer Fadenheftung, wenn du ein Notizbuch binden möchtest, denn diese hält der Belastung durch das Beschreiben der Seiten besser stand.
Wenn du nur lose Blätter hast, wie bei einer Sammlung von Unterlagen oder beim Remake eines Taschenbuchs, hast du quasi keine andere Wahl, als deinen Buchblock zu kleben.
Dieses Beitrag-Format hat weitere Ableger geschaffen, die du ebenfalls in die Entscheidungen vor Beginn deines Buchbinde-Projekts beeinflusst:
- Halbband vs. Ganzband: Obwohl diese Entscheidung optisch am stärksten wirkt, gibt es auch ein paar technische Einflüsse, die du bei deinem Buchbinde-Projekt bedenken kannst.
- Hohler vs. angeklebter Buchrücken: Was auf den ersten Blick, wie die Entscheidung zwischen Karton-Umschlag oder Einband mit festen Deckeln, biete die Möglichkeit mit interessanten Techniken zu experimentieren.
Was die Unterschiede zwischen *Fadenheftung und Klebebindung* sind, ihre Vor- und Nachteile erfährst du in diesem Beitrag.
Fadenheftung: Wenn’s Jahrhunderte halten soll
Definition: Eine
Fadenheftung entsteht durch das Verbinden von gefalztem Papier durch einen Faden. Es gibt Heftungen mit und ohne Bünden und als Durchaus- oder Wechselheftung.
Bei einer Fadenheftung bildet sich der Buchblock aus Lagen, mittig gefalztem Papier, die geheftet und somit miteinander verbunden werden.
Die Verbindung von gefalzten Lagen war über zwei Jahrtausende die einzige Möglichkeit, ein Buch zu binden. Andere Bindungen waren aufgrund von unbeständigen Klebstoffen nicht möglich. Das bedeutet, dass sich im Laufe der Zeit nahezu unendlich viele Techniken entwickelt haben, um ein Buch zu heften. Unendlich viele Techniken, die dem Buchbinder alle seine kreativen Träume verwirklichen können.
Zudem entspannt das Heften von Büchern und lässt den Buchbinder zur Ruhe kommen.
Es gibt aber auch Nachteile bei der Fadenheftung. Für die serielle Bindung von Büchern ist die Fadenheftung zu aufwändig; auch wenn es in der Industrie Maschinen gibt, die eine Fadenheftung machen können, ist das meistens nicht lukrativ.
Ein Punkt, der dem Hobby-Buchbinder Probleme machen kann, ist, dass das Papier, das er für den Buchblock braucht, doppelt so groß sein muss wie im Endformat. Und am besten die richtige Laufrichtung hat. Du benötigst also Papier in großen Rohbögen.
Vorteile der Fadenbindung:
Unbestritten ist die Fadenheftung die bessere Bindung.
- Fast ewige Haltbarkeit: Durch die Fäden, die für die Heftungen verwendet werden, hält die Fadenheftung für Jahrhunderte. Üblicherweise wird ein Leinenfaden verwendet, der keine Inhaltsstoffe hat, die das Papier am belasteten Rücken angreifen. Die für die Klebebindung verwendeten Leime verändern im Laufe der Zeit ihre Beschaffenheit und werden brüchig. Ohne ihre Flexibilität verliert das Buch sein schönes Aufschlagverhalten und einzelne Seiten können sich aus der Bindung lösen.
- Große Auswahl: Heftung auf Bünden, Kreuzstich, Heftung auf Bänder, offene koptische und japanische Heftungen; die Fadenheftung ist variantenreich und lädt dich zum Experimentieren ein. Ob du eine Bindung offen sichtbar lässt oder den Überzug direkt an die Bünde legst, ist ganz dir überlassen. Diese Vielfalt kann deine Fantasie beflügeln und du kannst auch einen offenen Rücken als Kunstwerk gestalten.
- Hohe Belastbarkeit: Schreib- und Notizbücher sind an der Heftung einer höheren Belastung ausgesetzt; eine Fadenheftung garantiert ihre Haltbarkeit.
- Befriedigend in der Ausführung: Es ist zwar keine technische Bedingung, aber eine Fadenheftung zu machen ist schlicht eine schöne Tätigkeit. Vor allem das Heften von dickeren Buchblöcken, wenn ein Rhythmus bei den Handgriffen entsteht. Es ist meditativ und entspannend, wenn du vor dich hin heften kannst und meist ist es eine Überraschung, wenn dann keine Lage mehr übrig ist.
Übrigens ist ein fadenzuheftendes Buch beim Druck in Lagen konzipiert. Auf einem großen Bogen werden 16 Seiten für eine Lage gedruckt, die dann gefalzt und zum Block zusammengetragen wird. Dieses Buch läuft dann in eine Fadenheftmaschine, die die Lagen „aneinanderhäkelt". Maschinenheftungen sind weniger stabil als händisch ausgeführte Fadenheftungen, da bei diesen sowohl Bünde als auch Fitzbundknoten für eine stabilere Verbindung zwischen den Lagen sorgen.
Nichtsdestotrotz ist die Fadenheftung auch in der industriellen Produktion stabiler als eine Klebebindung.
Für diese werden industriell übrigens ebenfalls Lagen gefalzt und zusammengetragen. Danach wird der Rücken des Buchblocks abgefräst und die Seitenkanten beleimt. Dann wird der Buchblock klebegebunden und im Falle eines Taschenbuchs im gleichen Arbeitsgang mit einem Umschlag versehen.
Verwandt mit der Fadenheftung sind Heftungen für Einzellagen. Für diese werden ebenfalls gefalzte Doppelbogen benötigt. Der Unterschied zu einer normalen Fadenheftung ist, dass nicht ein gesamter Buchblock zusammengefügt wird, sondern jede Lage einzeln gebunden wird – im Fall einer Schulheftheftung nur bei einer Lage. Es können aber auch mehrere einzelne Lagen auf ein Trägermaterial geheftet werden, wodurch eine sogenannte Langstichheftung entsteht.
Klebebindung: Buchbinden in Blitzgeschwindigkeit
Definition: Eine Bindung von losen Blättern mittels Leim.
Eine Klebebindung ist schnell gemacht: lose Blätter zusammentragen und glatt aufstoßen, in die Presse spannen, anleimen, Gaze über den Rücken spannen. Innerhalb von 15 Minuten hast du deinen Block fertig gebunden. Perfekt für die Bindung von alten Notizen und Mitschriften, Ausdrucken und sogar Zeitschriften.
Dennoch gibt es Nachteile: Eine Klebebindung ist weniger stabil als eine Fadenheftung. Da nur die Seitenkante angeleimt wird, kann es bei intensiver Lesenutzung passieren, dass der Leim an dieser Stelle versagt und die Seite sich aus der Bindung löst. Daher ist sie nicht für viel strapazierte Bücher wie Notizbücher, Kalender und Gebetbücher geeignet. Zugegeben sind die Klebstoffe heute besser geworden, sodass es eine wirklich intensive Nutzung oder eine fehlerhafte Produktion benötigt, damit bei einem modernen Buch dieses Schadensbild auftritt. Bei älteren Büchern hingegen flattern dir häufiger einzelne Seiten oder ganze Teile des Buchblocks entgegen.
Ein weiterer Nachteil, der bei älteren Büchern mehr zum Tragen kommt als bei neuen, ist das schlechtere Aufschlagverhalten. Das Buch liegt nicht so flach auf dem Tisch wie eine Heftung.
Für die Klebebindung brauchst du spezielle Leime mit elastischen Eigenschaften und eine Presse, die sich einhändig bedienen lässt und tief genug ist, um den Block fast vollständig aufzunehmen.
Vorteile der Klebebindung:
Die Klebebindung geht schnell, in 5 Minuten hast du deine Bindung fertig und sie muss nur noch trocknen. Eine Fadenheftung benötigt 5-mal so lange. Diese Zeitersparnis hat dafür gesorgt, dass die Klebebindung die Fadenheftung in der industriellen Buchbinderei fast völlig verdrängt hat.
- Wenn du lose Blätter hast, bei dem Remake eines Taschenbuchs oder wenn du alte Unterlagen binden möchtest, ist diese Bindung die Lösung. Das Verbinden von einzelnen Blättern zu einem, das du falzen und zu einer Lage zusammentragen kannst, führt dazu, dass dein Buch am Buchrücken erheblich dicker ist als am Vorderschnitt. Mit diesen Büchern lässt sich nur schwer umgehen und sie sind auch nicht formschön oder haltbar.
- Eine Klebebindung ist in gewissem Sinne reversibel. Du kannst ein altes Taschenbuch, das vielleicht gebrochen ist, weil der Leim alt und von schlechter Qualität ist, wieder auflösen, indem du vorsichtig Blatt um Blatt vom Buchblock löst, wie bei einem Notizblock. Dann kannst du den Buchblock neu verkleben.
Die Alternative zur Klebebindung sind sogenannte Block-Bindungen wie die japanische Heftung oder die Bindung mit Buchschrauben. Dabei werden wie bei der Klebebindung einzelne Blätter zusammengefügt. Diese beiden Formen benötigen allerdings einen Steg auf der Bundseite. Dieser muss beim Anlegen des Projekts von Beginn an mit eingeplant und beim Zuschnitt stehen gelassen werden. Anleitungen für die japanische Heftung und Bindung mit Buchschrauben findest du im Zirkel der Selberbuchbinder.
Fazit
In diesem Vergleich gewinnt die Fadenheftung für den handwerklich arbeitenden Buchbinder. Die beruhigende Arbeit und die andauernde Qualität überzeugen ebenso wie der kreative Spielraum beim Heften. Die Klebebindung hat sich in der Buchindustrie durchgesetzt. Zurecht – die Einsparung an Zeit und Material ist enorm. Dennoch fehlt dem Kleben von Büchern die besondere Romantik des echten Handwerks. Für den Hobbybuchbinder ist sie interessant, wenn er lose, einzelne Blätter binden möchte, die er nicht heften kann.
Wenn du dich nun zwischen Fadenheftung oder Klebebindung entschieden hast, findest du hier die Anleitungen dafür: Fadenheftung oder Klebebindung
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